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Untersuchungen über den Integralbegriff. (German) JFM 56.0923.01

Verf. sucht möglichst allgemeine Integraltheorien zu entwickeln, die die vielen einzelnen Definitionen von Integralen weitgehend umfassen. Es erweist sich als unmöglich, eine einzige allgemeine Theorie aufzustellen, die alle bekannten Integraldefinitionen in sich schließt. Das folgt schon daraus, daß häufig zwei Integrale über eine Funktion, erstreckt über dasselbe Intervall, entsprechend ihren Definitionen voneinander verschieden sind. Der Ausgangspunkt für alle Integrale ist das klassische Cauchysche Integral, das als Grenzwert der bekannten Fundamentalsumme \[ \sum f(\xi_i)(x_i - x_{i-1}), \] erstreckt über ein Intervall \((a, b)\), definiert ist. \(f(x)\) ist dabei für alle Werte des Intervalles \((a, b)\) definiert, abgesehen von höchstens endlich vielen Punkten. Bezeichnet man das Intervall \((x_{i-1}, x_i)\) durch \(\varDelta_i\) und seine Länge mit \(l(\varDelta_i)\) und durch \(f(\varDelta_i)\) eine mehrdeutige Intervallfunktion, die für jedes \(\varDelta_i\) alle Werte annimmt, die \(f(x)\) in \(\varDelta_i\) durchläuft, so erhält man den Ausdruck \[ \sum f(\varDelta_i) \, l(\varDelta_i) = \sum \varphi(\varDelta_i). \] Wenn sich \(\varDelta_i\) auf einen Punkt zusammenzieht, wird \(\varphi(\varDelta_i)\) unendlich klein. Dann ist nach Cauchy der Grenzwert der Summen bei unendlich fein werdenden Zerlegungen des Integrationsintervalles \((a, b)\) das Integral \(\int\limits_a^b f(x) \, dx\). Alle neueren Integralbegriffe sind Verallgemeinerungen des Cauchyschen, jedoch Verallgemeinerungen nach verschiedenen Gesichtspunkten. Verf. unterscheidet vier solche Verallgemeinerungen, durch die die heute bekannten Integraldefinitionen restlos erfaßt werden:
1. An Stelle der Intervallfunktion \(\varphi (\varDelta) = f(\varDelta) l(\varDelta)\), die bestimmten Bedingungen unterworfen ist, kann man beliebige Intervallfunktionen \(\varphi(\varDelta)\) in Betracht ziehen.
2. Der Integrationsbereich kann in beliebige Mengen, d. h. nicht notwendig in Intervalle, zerlegt werden.
3. Der Integrationsbereich braucht nicht eine Strecke der Zahlengeraden zu sein, es können aus Elementen beliebiger Natur bestehende Mengen als Bereiche zugelassen werden.
4. Man kann die Werte von \(\varphi(\varDelta)\) unter den Elementen eines beliebigen Vektorraumes und nicht notwendig unter den reellen Zahlen wählen.

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References:

[1] Vgl. Lebesgue, Leçons sur l’intégration, préface à la deuxième édition.
[2] Sur l’intégrale d’une fonctionnelle étendue à un ensemble abstrait. Bull. de la Soc. Math. de France43 (1915), p. 248. · JFM 45.1288.02
[3] The derivates of functions of intervals, Fund. Math.5 (1924), p. 321. · JFM 50.0185.03
[4] E. H. Moore and H. L. Smith, A general Theory of Limity. Amer. Journ. of Math.44 (1922), p. 102-121; vgl. auch Schatunowsky, Einführung in die Analysis, 1923 (russisch). · JFM 48.1254.01 · doi:10.2307/2370388
[5] On the existence of Stieltjes Integral, Trans. of the Amer. Math. Soc.27 (1925), p. 491-515. · JFM 51.0201.02
[6] Siehe die in 4) zitierte Arbeit von Moore und Smith.. · JFM 48.1254.01 · doi:10.2307/2370388
[7] Dabei nimmt die Differenz zweier mehrdeutiger Ausdrücke jeden Wert an, welcher als Differenz zweier Werte der gegebenen Ausdrücke auftritt.
[8] Wir nehmen dabei an, daßfür die leere Menge alle in Betracht kommenden Funktionen gleich Null sind. Diese Verabredung ist für jede additive Theorie von Mengenfunktionen nützlich; insbesondere würde sonst keine Funktion integrierbar.
[9] Dabei bedeutet die Ungleichungf 1(E)>f 2(E), daß jeder Wert vonf 1(E) größer als alle Werte vonf 2(E) ist.
[10] Crelles Journal136 (1909), p. 234.
[11] Siehe wegen der Bezeichnungen Hausdorff, Mengenlehre, S. 9 (2. Aufl.).
[12] Für additive Funktionen fallen die beiden Begriffe zusammen, deshalb war in den bisherigen Theorien unser neuer Begriff entbehrlich. Im allgemeinen Fall bildet jedoch gerade die Vollstetigkeit die natürliche Verallgemeinerung des Stetigkeitsbegriffes für additive Funktionen.
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