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Die Goldbachsche Vermutung und der Schnirelmannsche Satz. (German) JFM 56.0892.03

Der Verf. bringt hier eine leicht lesbare Darstellung und vereinfachende Umgestaltung des Satzes von L. Schnirelmann (Ann. Inst. polytechn. Novočerkassk 14 (1930), 3-28; F. d. M. 57), der besagt, daß es eine angebbare Zahl \(P\) gibt, so daß jede ganze Zahl \(> 1\) als Summe von höchstens \(P\) Primzahlen darstellbar ist. Mit Recht begrüßt der Verf. diesen Satz als “einen der größten Fortschritte der Zahlentheorie” der letzten Zeit. Das Merkwürdige ist nun, daß zum Beweise des Schnirelmannschen Satzes keines von den Hilfsmitteln der modernen analytischen Primzahltheorie gebraucht wird, sondern daß man mit den elementaren Schlüssen der Brunschen Methode auskommt.
Die Brunsche Methode hatte durch eine Ausnutzung des Siebverfahrens von Eratosthenes bisher geliefert: Jede hinreichend große gerade Zahl ist als Summe zweier Produkte von 7 oder weniger Primzahlen darstellbar. Der Beweis wurde so geführt, daß man zeigt, beim Streichen aller Zahlen \(n < x\) (\(x\) gerade), die die Eigenschaft haben, daß entweder \(n\) oder \(x - n\) durch eine Primzahl \(p\leqq\root{8}\of{x}\) teilbar sind, bleiben immer noch eine Anzahl von nicht gestrichenen \(n\) übrig, die also durch \(x = n + (x - n)\) eine Darstellung der Brunschen Art liefern. Hierbei kommt es darauf an, durch eine Abschätzung nach unten den Nachweis zu erbringen, daß jene Zahl von übrigbleibenden Zahlen positiv ist. Und alle Versuche bisher, mit der Brunschen Methode dem Goldbachschen Problem näher zu kommen, zielten darauf ab, diese Abschätzung nach unten zu verschärfen. Der Kern des Schnirelmannschen Beweises ist nun, daß er mit einer Abschätzung nach oben sein Ziel erreicht. Und zwar wird bewiesen (ich zitiere hier gleich die Landausche Fassung des Schnirelmannschen Beweises): Ist \(f(y)\) die Lösungsanzahl der Gleichung \(y = p + p'\), so ist \[ f(y) = O\left(\dfrac{y}{\log^2y} \prod_{p|y}\left(1+\dfrac{1}{p}\right)\right). \tag{1} \] Dazu muß nur gezeigt werden, daß beim Aussieben nach Brun unter den Zahlen \(n < y\) (\(y\) gerade) höchstens \[ C\dfrac{y}{\log^2y} \prod_{p|y}\left(1+\dfrac{1}{p}\right) \] übrig bleiben, für die \(n\) und \((y - n)\) zu \[ \prod_{p<\root{c}\of{x}}p, \quad c>1, \] teilerfremd sind. Diesen Satz beweist der Verf. nach dem Vorgang von Brun, der auch seinerseits seine Methode schon zu Abschätzungen nach oben angewendet hatte. Bei dieser Gelegenheit gibt der Verf. eine sehr konzise Darstellung der Brunschen Methode, indem er den algebraischen Apparat von dem zahlentheoretischen trennt.
Das Hauptziel, von dessen Erreichung alles weitere abhängt, ist nun der “erste Schnirelmannsche Hauptsatz”: Ist \(N(x)\) die Anzahl der in der Gestalt \(p + p'\) darstellbaren \(y<x\), so ist \[ \liminf_{x\to\infty}\dfrac{N(x)}{x} > 0. \tag{2} \] Das Überraschende ist nun, wie man nach Schnirelmann (in der Landauschen Umformung des Beweises) aus (1) auf (2) schließt. Man kann nämlich \[ N(x) = \sum\limits_{y<x}f(y) \tag{3} \] als die Anzahl der Lösungen der Ungleichung \(p + p' < x\) auffassen. Da hierin gewiß jedes Paar \(p < \dfrac{x}{2}\), \(p' < \dfrac{x}{2}\) vorkommt, so hat man \[ N(x) = \sum\limits_{y<x}f(y) \geqq\left(\sum\limits_{p<\frac{x}{2}}1\right)^2 > C\dfrac{x^2}{(\log x)^2}. \tag{4} \] Die Summanden in (3) sind nach (1) nach oben begrenzt; es kann daher \(f(y)\) in der Summe nicht zu oft Null werden, damit überhaupt noch die Ungleichung (4) erfüllt werden kann. Durch diese Überlegung (unter Anwendung der Cauchy-Schwarzschen Ungleichung) gelangt man zu (2).
Von (2) gelangt man zu dem im Anfang dieses Referates angegebenen Satz (dem “zweiten Schnirelmannschen Hauptsatz”) durch eine rein mengentheoretische Überlegung, die sich in folgendem Hilfssatz zusammenfassen läßt: “Ist eine unendliche Menge von natürlichen Zahlen \(n_1, n_2, n_3,\ldots\) gegeben, ist \(N(x)\) die Anzahl der \(n_j < x\), und ist \[ \liminf_{x\to\infty}\dfrac{N(x)}{x}\geqq\alpha > 0, \] so läßt sich jedes ganze positive \(x\) in höchstens \[ t = 2\left[\dfrac{\log 2}{\log\dfrac{1}{1-\alpha}}\right] + 2 \] Summanden \(n_j\) und höchstens \(B\) Summanden \(1\) zerlegen, wo \(B\) nur von der gegebenen Menge abhängt.”
Indem man nun für die Zahlen \(n_1, n_2, n_3,\ldots\) dieses Hilfssatzes die als Summe von zwei Primzahlen darstellbaren Zahlen wählt, hat man den Schnirelmannschen Satz bewiesen.
Um die völlige Unabhängigkeit der Schnirelmannschen Schlüsse von den Methoden der komplexen Funktionentheorie deutlich zu machen, gibt der Verf. in einem Anhang 1 noch elementare Beweise von Tschebyscheffschen und Mertensschen Primzahlsätzen. In einem Anhang 2 endlich leitet er zwei (verbesserte und verschärfte) Hilfssätze von Schnirelmann her, die diesem als Stütze seines ursprünglichen Beweises gedient hatten.

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