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Zur Theorie der linearen partiellen Differentialgleichungen erster Ordnung. (German) JFM 56.0406.07

Den Gegenstand der vorliegenden Arbeit bildet die Untersuchung der linearen homogenen partiellen Differentialgleichung erster Ordnung \[ \dfrac{\partial z}{\partial x} + \sum\limits_{\varkappa =1}^n f_\varkappa (x,y_1,\ldots,y_n)\dfrac{\partial z}{\partial y_\varkappa} = 0, \tag{1} \] und zwar ausschließlich im Bereich der reellen Funktionen. In einer früheren Arbeit (1928; F. d. M. 54, 453 (JFM 54.0453.*)) hat Verf. den Fall \(n = 1\), d. h. die Gleichung \[ \dfrac{\partial z}{\partial x} + f(x,y)\dfrac{\partial z}{\partial y} = 0 \tag{2} \] in bezug auf den Gültigkeitsbereich der Existenz eines Integrals untersucht und gezeigt, daß man – während diese Existenz durch die üblichen Beweise nur “im Kleinen” gesichert wird – auch zu einem Existenzsatz “im Großen” gelangen kann. Das Beweisverfahren ließ eine Übertragung auf den Fall \(n\geqq 2\) nicht unmittelbar zu. In §1 der vorliegenden Arbeit beweist nun Verf. für (2) den folgenden Existenzsatz “im Großen”:
(3) In dem Gebiet \(\mathfrak{G}\) seien \(f(x, y)\) und \(f_y(x, y)\) definiert und stetig. Dann besitzt (2) in jedem beschränkten und einfach zusammenhängenden, “total in \(\mathfrak{G}\) liegenden” Gebiet \(\mathfrak{g}\) ein Hauptintegral \(\psi (x, y)\), d. h. ein Integral, das in keinem Teilgebiet von \(\mathfrak{g}\) konstant ist, für das überdies \(\psi_y(x, y) > 0\) ist.
Die Aussage, die Punktmenge \(\mathfrak{M}_1\) “liege total” in der Punktmenge \(\mathfrak{M}_2\), bedeutet dabei: \(\mathfrak{M}_1\) ist in \(\mathfrak{M}_2\) enthalten, aber \(\mathfrak{M}_1\) und \(\mathfrak{M}_2\) haben keinen Randpunkt gemein. Der Satz (3) sagt insofern etwas weniger aus als der a. a. O. von Verf. bewiesene Satz, als dort die Beschränktheit von \(\mathfrak{g}\) nicht gefordert wurde. Dagegen ist der von der Betrachtung von Vertikalstreifen ausgehende Beweis von (3) einfacher und einer Übertragung auf den Fall \(n\geqq 2\) fähig, die Verf. in §2 so formuliert:
(4) Sind die Funktionen \(f_\varkappa (x,y_1,\ldots,y_n)\) (\(\varkappa = 1,\ldots, n\)) in einem abgeschlossenen achsenparallelen Quader \(\mathfrak{D}\) des \((x,y_1,\ldots,y_n)\)-Raumes stetig, beschränkt und mit stetigen partiellen Ableitungen erster Ordnung nach allen \(y_\nu\) versehen, so gibt es in \(\mathfrak{D}\) ein System von \(n\) Integralen \(\psi_\varkappa (x,y_1,\ldots,y_n)\), für das überdies die Funktionaldeterminante \[ \dfrac{\partial (\psi_1,\ldots,\psi_n)}{\partial (y_1,\ldots ,y_n)} \tag{5} \] positiv ist. Unter dem Quader \(\mathfrak{D}\) versteht Verf. die durch die Ungleichungen \[ a\leqq x \leqq b, \;c_\nu\leqq y_\nu\leqq d_\nu \qquad (\nu = 1,\ldots, n) \] definierte Punktmenge, wobei für \(a\) und die \(c_\nu\) auch \(-\infty\), für \(b\) und die \(d_\nu\) auch \(+\infty\) zugelassen wird; daher die zusätzliche Voraussetzung der Beschränktheit der \(f_\varkappa (x,y_1,\ldots,y_n)\).
In §3 untersucht Verf. die Darstellung der Integrale von (1) durch die Funktionen eines Hauptsystems von Integralen. Ein System von \(n\) Integralen \(\psi_\varkappa (x,y_1,\ldots,y_n)\) von (1) heißt in dem Gebiet \(\mathfrak{G}\) ein Hauptsystem, wenn in jedem Teilgebiet von \(\mathfrak{G}\) die Funktionaldeterminante (5) nicht identisch Null ist. Während in älteren Darstellungen der Theorie ohne weiteres geschlossen wird, daß sich jedes Integral von (1) als Funktion eines Hauptsystems darstellen lasse, geht aus den Untersuchungen von Knopp und Robert Schmidt über die Abhängigkeit von Funktionssystemen (M. Z. 25 (1926), 373-381; F. d. M. 52; vgl. auch Doetsch, F. d. M. 54, 254) hervor, daß diese Schlußweise einer näheren Prüfung bedarf. Verf. zeigt hier, daß die Zulässigkeit oder Unzulässigkeit der Schlußweise wesentlich durch den Existenzbereich von (1) bedingt ist. Für die genaue Formulierung seines Ergebnisses sei auf die Arbeit verwiesen.
Schließlich (§4) beschäftigt sich Verf. mit dem Jacobischen Multiplikator von (1). Die bekannte notwendige Bedingung dafür, daß die Funktion \(M(x, y_1,\ldots, y_n)\) in dem Gebiet \(\mathfrak{G}\) ein Multiplikator von (1) sei, wird unter geringeren Voraussetzungen als üblich bewiesen; daß diese Bedingung unter denselben Voraussetzungen auch hinreiche, ist Verf. nicht gelungen nachzuweisen.
Vgl. auch die Darstellung in dem Buche des Verf. “Differentialgleichungen reeller Funktionen” (1930; JFM 56.0375.*).

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Full Text: DOI Crelle EuDML