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Über die Auflösung der allgemeinen Gleichungen fünften und sechsten Grades. (German) JFM 36.0132.03

J. für Math. 129, 150-174 (1905); Math. Ann. 61, 50-71 (1905).
Um die Analogie zwischen den Auflösungsmethoden für die allgemeinen Gleichungen fünften Grades und für die sechsten Grades deutlich hervortreten zu lassen, gibt F. Klein zunächst, unter präziser Hervorhebung der Hauptgesichtspunkte und mit algebraischer Begründung, eine Übersicht über die Ikosaedertheorie der Gleichungen fünften Grades, die nicht bloßeine Methode neben anderen sein soll, sondern das Wesen aller früheren Untersuchungen darzustellen bestimmt ist. Die Ikosaedergleichung ist die nächstliegende Verallgemeinerung der reinen Gleichung: an Stelle der “unären” Substitution \(x'= xe^{\frac{2 \pi ik}{n}}\), welche die Wurzeln einer reinen Gleichung untereinander verknüpft, treten 120 “binäre” lineare Substitutionen zweier homogenen Variabeln \(x_1, x_2\), und die Hauptaufgabe besteht darin, aus den 5 veränderlichen Größen \(z_1, z_2, \dots, z_5\) (den Wurzeln der vorgelegten Gleichung) zwei Funktionen \(x_1, x_2\) zu bilden, deren Verhältnis bei den 60 geraden Vertauschungen der \(z_1, z_2, \dots, z_5\) diese 120 homogenen binären Ikosaedersubstitutionen erleidet. Rationale Funktionen der \(z\), welche diese Forderung erfüllen, gibt es nicht; man gelangt aber zum Ziel, wenn man eine Quadratwurzel aus einer geeigneten rationalen Funktion der \(z\) zu Hülfe nimmt. Bei Einführung einer solchen “akzessorischen” Irrationalität bespricht Klein die Beziehungen seiner Auflösungsmethode zur Kroneckerschen. Das Verhältnis \(x_1:x_2\) der so bestimmten Funktionen genügt der Ikosaedergleichung, die von nur einem Parameter abhängt, wegen dessen Berechnung aus den Koeffizienten der Gleichung fünften Grades Klein auf seine “Vorlesungen über das Ikosaeder” verweist. Von dem bisher behandelten algebraischen Teil der Aufgabe ist scharf zu trennen der transzendente, nämlich die Berechnung der Wurzeln der Ikosaedergleichung durch unendliche Prozesse, wobei Klein auseinandersetzt, in welchem Sinne man nur von einer Lösung durch elliptische Funktionen sprechen könne. Indem er nunmehr zu den Gleichungen sechsten Grades übergeht, zeigt er, wie die zweckentsprechende Weiterbildung der soeben dargelegten Hauptgesichtspunkte zur naturgemäßen Auflösung dieser Gleichungen führt. Ist eine Gleichung sechsten Grades nebst der Quadratwurzel aus ihrer Diskriminante gegeben (so daßalso ihre Gruppe aus den 360 geraden Vertauschungen der \(z_1, z_2, \dots, z_6\) besteht), so kommt es darauf an, die kleinste Zahl homogener \(x_1, x_2, \dots, x_\mu\) zu benutzen, bei denen eine mit diesen 360 Vertauschungen isomorphe Gruppe linearer Substitutionen möglich ist. Mit rationalen Funktionen der \(z_1, \dots, z_6\) kommt man nicht aus; man mußwieder akzessorische Irrationalitäten zu Hülfe nehmen. Während nun Klein sich ursprünglich zu diesem Zwecke eine Gruppe quaternärer Kollineationen konstruiert hatte, ist er später, nachdem Valentiner 1889 eine ternäre Gruppe liearer Substitutionen entdeckt hatte, die mit den 360 geraden Vertauschungen von 6 Dingen isomorph ist, in einer in den Rom. Acc. L. Rend. 1899 veröffentlichten Note “Sulla risoluzione delle equazioni di sesto grado” (vgl. F. d. M. 30, 103, 1899, JFM 30.0103.04) zu der “Valentinergruppe” übergegangen, und die weitere Ausführung dieser Note ist der eigentliche Zweck der vorliegenden Arbeit. Mittels der Theorie der ebenen Kurven dritter Ordnung und ihrer Wendepunkte gelingt es, die Hauptaufgabe zu lösen, aus den Veränderlichen \(z_1, \dots, z_6\) unter Adjunktion akzessorischer Irrationalitäten elementaren Charakters Größen \(x_1: x_2: x_3\) zu bilden, welche bei den geraden Vertauschungen der \(z\) die 360 Kollineationen der Valentinergruppe erleiden. Die beiden Fundamentalinvarianten \(v, w\) dieser Gruppe lassen sich darstellen als rationale Funktionen der Koeffizienten der Gleichung sechsten Grades, der Quadratwurzel aus ihrer Diskriminante und der inzwischen eingeführten akzessorischen Irrationalitäten. Auf die Berechnung der \(x_1: x_2: x_3\) aus den Invarianten \(v, w\) ist die Auflösung der Gleichung sechsten Grades zurückgeführt, also auf ein Problem mit zwei Parametern, dessen sämtliche 360 Lösungssysteme sich aus einem beliebigen durch die 360 Kollineationen der Valentinergruppe ergeben. Die wirkliche Ausrechnung von \(x_1:x_2:x_3\) durch \(v, w\), der transzendente Teil der Aufgabe, ist in neuester Zeit in Arbeiten von Lachtin und Gordan geleistet worden.

Citations:

JFM 30.0103.04
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Full Text: EuDML