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Die symmetrischen Functionen und die Relationen zwischen den Elementarfunctionen derselben. (German) JFM 25.0230.02

Siehe JFM 25.0230.02. Ueber die symmetrischen Functionen von mehreren Reihen von Veränderlichen haben Poisson, Schläfli und in neuester Zeit MacMahon einige Untersuchungen veröffentlicht. Trotzdem hat die Fundamentalaufgabe, die allgemeinste symmetrische Function der Art durch gewisse einfachste,,Elementarfunctionen” darzustellen, bisher noch keine befriedigende Lösung gefunden. Es liegt das daran, dass zwischen diesen Elementarfunctionen Relationen bestehen, die in übersichtlicher Form aufzustellen nicht so leicht ist. Dass solche Relationen bestehen müssen, kann man schon im einfachsten Falle von zwei Reihen von Veränderlichen \(x_1\), \(x_2\), ..., \(x_r\), \(y_1\), \(y_2\), ..., \(y_r\) durch Abzählung erkennen. In der That stehen diesen \(2r\) unabhängigen Grössen die \(\frac{r(r+3)}2\) Elementarfunctionen: \(\Sigma x_1\), \(\Sigma y_1\); \(\Sigma x_1x_2\), \(\Sigma y_1y_2\); etc. bis zu \(\Sigma y_1y_2\dots y_r\) gegenüber, so dass also zwischen den letzteren (mindestens) \(\frac{r(r-1)}2\) Gleichungen gelten müssen.
Um zu diesen Relationen zu gelangen, hat der Verf., angeregt durch Hrn. Brill, vorab Methoden und Operationen entwickelt, welche zur Darstellung der symmetrischen Functionen durch ,,elementare” und ,,einförmige” und damit auch zu den Relationen zwischen den letzteren führen.
Nennt man nämlich jeweils die Grössen \(x_i\), \(y_i\), \(z_i\), ..., welche denselben Index haben, Elemente einer,,Gruppe”, so heisst eine symmetrische Function aller der Grössen,,\(r\)-förmig”, wenn sie in irgend einem Glied die Elemente von \(r\) verschiedenen Gruppen enthält, und ,,elementar”, wenn sie linear hinsichtlich der Elemente jeder Gruppe ist. So ist z. B. \(x_1y_1+x_2y_2+\cdots+ x_ry_r\) eine einförmige Elementarfunction.
Entsprechend heisst eine symmetrische Function eine ,,\(k\)-reihige”, wenn in irgend ein Glied Elemente von \(k\) verschiedenen Reihen eingehen. Für einreihig, zweireihig etc. sagt man auch ,,binär, ternär” etc. Endlich ist die Function eine ,,primitive”, wenn sie linear hinsichtlich der Elemente jeder Reihe ist. Die einreihigen einförmigen symmetrischen Functionen z. B. sind nichts anderes als die Potenzsummen \(\sum x_1\), \(\sum x_1^2\), \(\sum x_1^3\), ..., die sich bekanntlich nach Newton durch die Elementarfunctionen \[ a_1 = \sum x_1,\,a_2 = \sum x_1x_2,\,a_3 = \sum x_1x_2x_3,\,\dots \] als ganze Functionen ausdrücken lassen. Poisson ersetzte in diesen Formeln \(x_i\) durch \(t_i=\lambda x_i+\mu y_i+\nu z_i+\cdots\) und gelangte so zu Identitäten für die \(\lambda\), \(\mu\), \(\nu\), ..., welche gestatteten, sämtliche einförmigen symmetrischen Functionen durch elementare darzustellen. Die expliciten Formeln für zweireihige Functionen finden sich bei MacMahon.
Um das Entsprechende für mehrförmige Functionen zu leisten, geht der Verf., in Anlehnung an Schläfli, von einem Producte \(\varphi\) von \(i\) einförmigen Functionen aus. Multiplicirt man aus und ordnet, so kann man eine \(i\)-förmige Function linear durch \(\varphi\) und weniger als \(i\)-förmige Functionen ausdrücken. Dies Verfahren ist fortzusetzen, bis man zu lauter einförmigen Functionen gelangt, die dann wieder durch elementare ersetzbar sind.
Der Verf. schlägt aber auch eine directe Methode ein, die darauf beruht, dass zwischen den einförmigen und den elementaren Functionen eine eindeutige Beziehung besteht.
Weiterhin bedient sich der Verf. in bekannter Weise mit Vorteil gewisser Differentialprocesse. Ein solcher entsteht z. B., wenn man die Darstellung einer mehrförmigen Function durch einförmige nach den Elementen einer Reihe differentiirt. Nunmehr ist der Verf. in der Lage, an die erwähnten ,,Relationen” heranzugehen; zuerst werden diejenigen zwischen den Elementarfunctionen untersucht, sodann die zwischen den einförmigen Functionen. Auf die ersteren soll kurz eingegangen werden.
Hat man eine \(i\)-förmige symmetrische Function \(J\) als ganze Function von Elementarfunctionen \(a\) ausgedrückt: \(J=\varphi(a)\), so wird diese Identität, da über die Anzahl \(r\) der Gruppen keine Voraussetzung gemacht ist, für jedes \(r\) gelten. Für \(r<i\) verschwindet aber \(J\) selbst, und es resultirt eine Relation \[ \varphi(a_1, a_2,\dots, a_r) = 0 \] der Elementarfunctionen bis zum Gewicht \(r\).
Eine zweite, allgemeinere Methode beruht auf folgendem Ansatze. Es mögen \(r\) Gruppen \(P_1\), \(P_2\), ..., \(P_r\) von je \(n\) Elementen vorliegen und noch eine weitere solche Gruppe \(P(x, y, \dots, v)\). Man bilde sich bei fest gehaltenem \(i\), die \(\binom n2\) Determinanten \(xy_i-x_iy\) etc. nebst den \(n\) Differenzen \(x-x_i\). Diese \(\binom{n+1}2\) Ausdrücke, betrachte man als Elemente einer Gruppe \(D_i\,(i=1,2,\dots,r)\). Dann besteht der wichtige Satz, dass jede symmetrische Function der Gruppen \(D\) auch eine solche für die Gruppen \(P\) ist, woraus die gewünschten Relationen hervorgehen.
In der zweiten Abhandlung werden in gleicher Richtung noch einige weitere Methoden entwickelt. Infolge der gemeinten Relationen zwischen den Elementarfunctionen kann offenbar die Darstellung einer symmetrischen Function durch jene noch verschiedentlich abgeändert werden. Unter allen den verschiedenen Gestalten der Darstellung wird eine einfachste als,,kanonische Form” eingeführt.
Die wahre Bedeutung der Relationen geht erst aus der Thatsache hervor, dass sie das Kriterium dafür abgeben, dass eine Form \(r^{\text{ten}}\) Grades in \(n\) (nicht homogenen) Variabeln in lauter Linearfactoren zerfällt. Dieses Kriterium ist dann von Brill und Gordan (s. die bez. Referate dieses Bandes, JFM 25.0233.01) in eine rein formentheoretische (invariante) Gestalt gebracht worden. Der Verf. betrachtet auch solche Functionen, die symmetrisch sind sowohl hinsichtlich der ,,Gruppen” als der ,,Reihen” ihrer Elemente. Dieselben werden ,,doppelt symmetrisch” genannt.
Auf die Differentialgleichungen der mehrförmigen symmetrischen Functionen wird tiefer eingegangen, und umgekehrt ihre Verwendung zur Darstellung solcher Functionen gezeigt.

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References:

[1] Denkschriften der Kaiserl. Akad. der Wissenschaften, math. naturwissensch. Classe, Bd. IV. Wien 1852.
[2] Math. Annalen Bd. 43, pag. 247.
[3] Vergl. den Aufsatz des Verfassers: diese Annalen Bd. 43, pag. 253 u. s. f.
[4] Macmahon: ?Memoir on Symmetric Functions of the Roots of Systems of Equations.? Phil. Trans. vol. 181 (1890), pag. 487. · JFM 22.0187.02
[5] Ich habe diese Relationen theilweise schon in meiner II. Abhandlung, diese Annalen Bd. 43, angegeben, aber nicht in der vereinfachten Form, in welcher sie hier zusammengestellt sind.
[6] Diese Annalen, Bd. 43, pag. 258 und f. f.
[7] Siehe Math. Annalen, Bd. 43: Abhandlung II des Verfassers.
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