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Reduction der Bewegung eines flüssigen homogenen Ellipsoids auf das Variationsproblem eines einfachen Integrals, und Bestimmung der Bewegung für den Grenzfall eines unendlichen elliptischen Cylinders. (German) JFM 06.0616.01

Die Bewegung eines flüssigen homogenen der Gravitation unterworfenen Ellipsoids, auf welche sich Dirichlet’s letzte, von Herrn Dedekind herausgegebene und fortgesetzte Arbeit bezieht, (Untersuchungen über ein Problem der Hydrodynamik, im 8. Bande der K. G. der Wissenschaften zu Göttingen, und Borchardt Journal für Math. Bd. 58, pag. 181. Dedekind, in demselben Bande des Journals, pag. 217, Zusatz zu der vorstehenden Abhandlung) setzt voraus, dass bei einem rechtwinkligen Coordinatensystem, dessen Anfangspunkt der Mittelpunkt des betreffenden Ellipsoids ist, die drei Coordinaten eines in einem gewissen Moment betrachteten Elements der Flüssigkeit homogene lineare Functionen von den drei Coordinaten sind, die demselben Element am Anfange der Bewegung zukommen. Die neun Coefficienten der erwähnten Ausdrucke sind reine Functionen der Zeit, die zugehörige Determinante bleibt in Folge der Incompressibilität der Flüssigkeit unverändert. Es seien \(x,y,z\) die rechtwinkligen Coordianten eines Elements zu der Zeit \(t\), und \(a,b,c\) die halben Hauptaxen des flüssigen Ellipsoids zu derselben Zeit, die auf den Anfangszeitpunkt \(t=t_0\) bezüglichen Werthe mögen durch Anhängung des Zeichens 0 kenntlich gemacht werden, dann haben die zwischen den Coordinaten \(x,y,z\) und den Coordinaten \(x_0, y_0, z_0\) desselben Elements geltenden Gleichungen in Riemann’s Ausdruck (Ein Beitrag zu den Untersuchungen über die Bewegung eines flüssigen gleichartigen Ellipsoids, im 9. Bande der K. G. der Wiss. zu Göttingen) die Gestalt \[ \begin{aligned} x&= l\frac{x_0}{a_0}+ m\frac{y_0}{b_0}+ n\frac{z_0}{c_0} \tag{1}\\ y&= l'\frac{x_0}{a_0}+ m'\frac{y_0}{b_0}+ n'\frac{z_0}{c_0}\\ z&= l''\frac{x_0}{a_0}+ m''\frac{y_0}{b_0}+ n''\frac{z_0}{c_0}.\end{aligned} \] Die Anfangswerthe für die neuen Functionen der Zeit \(l,m,\dots n''\) ergeben sich aus den auf der Zeit \(t=t_0\) bezüglich Gleichungen \[ x=x_0, \quad y=y_0, \quad z=z_0, \] und die Determinante \(\sum\pm lm'n''=0\) erhält den constanten Werth \(d_0 b_0 c_0\). Zugleich wird angenommen, dass der in der Flüssigkeit herrschende Druck \(P\) den Ausdruck habe \[ P=Q+\sigma \biggl(1- \frac{x_0^2}{a_0^2}- \frac{y_0^2}{b_0^2}- \frac{z_0^2}{c_0^2} \biggr), \tag{2} \] wo \(Q\) den an der Oberfläche geltenden constanten Druck und \(\sigma\) eine reine Function der Zeit bedeutet.
Indem sich Dirichlet von der Betrachtung eines rotirenden seine Gestalt nicht ändernden flüssigen Ellipsoids zu der Bildung des Problems erhob, bei welchem das angeführte System von algebraischen Relationen (1) die Grundbedingung ist, entdeckte er, dass die Bestimmung der eingeführten neun Coefficienten \(l,m,\dots n''\) und der Grösse \(\sigma\) von der Integration eines Systems gewöhnlicher Differentialgleichungen abhängt, und gab sieben allgemeine Integrale desselben an. Der erste Theil der gegenwärtigen Abhandlung liefert den Nachweis, dass jenes System gewöhnlicher Differentialgleichungen dem Variationsproblem eines gewissen einfachen Integrals zugehört.
Lagrange hat das allgemeine Problem der Bewegung einer Flüssigkeit oder das Variationsproblem eines über den Raum der Flüssigkeit ausgedehnten Integrals behandelt. Wenn für eine incompressible Flüssigkeit von der Dichtigkeit Eins \(x,y,z\) die rechtwinkligen Coordinaten eines Elementes zu der Zeit \(t\), ferner \(X,Y,Z\) die rechtwinkligen Componenten der auf das Element wirkenden beschleunigenden Kraft sind, wenn \(P\) der Druck ist und die unabhängigen Variationen \(\delta x,\delta y,\delta z\) eingeführt werden, so wird der von Lagrange (Mécanique analytique, Second partie, Section XI.) abgeleitete Ausdruck (a) gleich dem über die ganze Flüssigkeit zu der Zeit \(t\) ausgedehnten Integral \[ \iiint \Biggl[\biggl( \frac{\partial^2x}{\partial t^2}-X+ \frac{\partial P}{\partial x}\biggr)\delta x+\biggl( \frac{\partial^2y}{\partial t^2}- Y+\frac{\partial P}{\partial y}\biggr)\delta y+ \biggl( \frac{\partial^2z}{\partial t^2}- Z+\frac{\partial P}{\partial z}\biggr)\delta z\Biggr]\,dx\,dy\,dz. \tag{3} \] Die unter dem Integralzeichen befindlichen Factoren der Variationen \(\delta x\), \(\delta y\), \(\delta z\), gleich Null ersetzt, liefern in Verbindung mit der Unveränderlichkeit des Volumenelements, welche eine Folge der Incompressibilität ist, die partiellen Differentialgleichungen der Flüssigkeitsbewegung. Das vorliegende dreifache Integral, dessen Werth verschwinden muss, kann nun bei dem Dirichlet’schen Problem in einem Ausdruck verwandelt werden, welcher erlaubt, das vorhin erwähnte System von gewöhnlichen Differentialgleichungen in der angedeuteten Weise zusammen zu fassen. Wegen seiner Unveränderlichkeit darf das Volumenelement \(dy\,dy\,dz\) durch das Volumenelement \(dx_0\,dy_0\,dz_0\) ersetzt werden, und dann erstreckt sich die dreifache Integration auf den zu der Zeit \(t=t_0\) von der Flüssigkeit eingenommenen Raum. Wenn man ferner den unabhängigen Variationen \(\delta x\), \(\delta y\), \(\delta z\) diejenigen Werthe beilegt, welche für dieselben aus den linearen Ausdrücken (1) durch ausschliessliche Variation der neun Grössen \(l,m,\dots n''\) entstehen, so können die sämmtlichen in (3) vorkommenden Integrationen unmittelbar ausgeführt werden. Die Componenten der beschleunigenden Kraft \(X,Y,Z\) sind in dem vorliegenden Falle als die in der Einheit der Anziehung \(\varepsilon\) multiplicirten partiellen Differentialquotienten von dem bekannten Potential \(V\) des homogenen flüssigen Ellipsoids auf den inneren Punkt \((x,y,z)\) gegeben, und der Druck \(P\) ist durch die Gleichung (2) determinirt. Auf diese Weise wird das Integral (3) gleich dem Product der Grösse \(\frac{4\pi\Theta}{15}\) in den Ausdruck \[ \sum \frac{d^2l}{dt^2} \delta l+\varepsilon\pi \int_0^\infty \frac{abc\,ds} {\sqrt {(s+a^2) (s+b^2) (s+c^2)}} \biggl( \frac{2a\delta a}{s+a^2}+ \frac{2b\delta b}{s+b^2}+ \frac{2c\delta c}{s+c^2} \biggr)- 2\sigma\biggl( \frac{\delta a}{a}+ \frac{\delta b}{b}+ \frac{\delta c}{c} \biggr), \tag{4} \] wo sich das Zeichen \(\sum\), wie im Folgenden stets, auf die neun Functionen \(l,m,\dots n''\) bezieht. Die Forderung, dass die Factoren der entsprechenden Variationen \(\delta l,\delta m,\dots \delta n''\) einzeln verschwinden, bringt alsdann das System von gewöhnlichen Differentialgleichungen hervor, von welchen oben die Rede war.
Was die mechanischen Begriffe anlangt, die bei der ausgeführten Transformation hervortreten, so wird die Masse des bewegten Ellipsoids gleich der Grösse \(\frac{4\pi\Theta}{3}\), die halbe Summe der vorhandenen lebendigen Kräfte gleich dem Ausdrucke \[ \frac{4\pi\Theta}{15} {\textstyle \frac12}\sum \biggl( \frac{dl}{dt} \biggr)^2, \] das Potential des Ellipsoids in Bezug auf sich selbst gleich dem Ausdrucke \[ \frac{4\pi\Theta}{15} 2H, \] wo \[ H=\pi \int_0^\infty \frac{abc\,ds} {\sqrt{(s+a^2) (s+b^2) (s+c^2)}} \tag{5} \] ist, und die über das Ellipsoid ausgedehnte Summe von den Producten jedes Volumenelements in das Quadrat der Entfernung zwischen diesem Element und dem Mittelpunkte des Ellipsoids gleich dem Ausdrucke \(\frac{4\pi\Theta}{15}G\), wo \[ G={\textstyle \frac12}\sum l^2\tag{6} \] ist. Um den Zusammenhang zwischen den halben Hauptaxen des Ellipsoids \(a,b,c\) und den neun Grössen \(l,m,\dots,n''\) anzugeben, möge das System von Gleichungen (1) nach den Grössen \[ \frac{x_0}{a_0}, \quad \frac{y_0}{b_0}, \quad \frac{z_0}{c_0} \] aufgelöst werden, so dass die Gleichungen \[ \left\{ \begin{aligned} \frac{x_0}{a_0} &= \frac{\lambda x+\lambda'y+\lambda''z}{\Theta}\\ \frac{y_0}{b_0} &= \frac{\mu x+\mu'y+ \mu''z}{\Theta}\\ \frac{z_0}{c_0} &= \frac{\nu x+\nu'y+ \nu''z}{\Theta} \end{aligned} \right.\tag{7} \] entstehen. Alsdann gilt für ein unbestimmtes \(s\) die Gleichung \[ (s+a^2) (s+b^2) (s+c^2)= s^3+\sum l^2s^2+\sum \lambda^2s+\Theta^2, \tag{8} \] und zugleich ist das Product der halben Hauptaxen \(abc=\Theta\). Hieraus folgt dann für die Function \(H\) die directe Darstellung \[ H=\pi \int_0^\infty \frac{\Theta\,ds} {\sqrt{s^3+\sum l^2s^2+\sum \lambda^2s+\Theta^2}}. \tag{9} \] Das Aggregat (4) lässt sich mit Hülfe der vollständigen Variationen der Functionen \(H\) und \(\Theta\) folgendermassen ausdrücken \[ \sum\frac{d^2l}{dt^2} \delta l-2\varepsilon\delta H+2\varepsilon H\frac{\delta\Theta}{\Theta}- 2\sigma \frac{\delta\Theta}{\Theta}, \tag{10} \] und das von den Variationen \(\delta l,\delta m,\dots \delta n''\) unabhängige Verschwinden desselben erfüllt zugleich die Forderung, dass die erste Variation des Integrals \[ \int_0^t \Biggl({\textstyle \frac12} \sum\biggl( \frac{dt}{dt} \biggr)^2+ 2\varepsilon H\Biggr)dt\tag{11} \] bei festen Anfangs- und Endwerthen der neun abhängigen Variabeln \(l,m,\dots n''\) unter Voraussetzung der Gleichung \[ \Theta= a_0\, b_0\, c_0 \] gleich Null werde.
Aus dem Bd. LXXIV. des Journals für Mathem. p. 74 entwickelten Grundsätzen folgt, dass hier eine Ausdehnung des Hamilton’schen Variationsproblems auf die Bewegung eines Punktes in einer Mannigfaltigkeit von 9 Dimensionen vorliegt, wobei die 9 Coordinaten \(l,m,\dots n''\) des fingirten Punktes der Gleichung \(\Theta= a_0 b_0 c_0\) genügen, das Quadrat des Linearelements dieser Mannigfaltigkeit gleich dem Ausdruck \(\sum dt^2\) ist, und die Grösse \(2\varepsilon H\) die Rolle der Kräftefunction übernimmt. Diese Grösse entsteht nach Gleichung (9) durch die Integration einer algebraischen Function, welche die Grössen \(l,m,\dots n''\) nur in den drei Verbindungen \(\sum l^2\), \(\sum\lambda^2\), \(\Theta\) enthält, und die Gleichung \(\Theta= a_0 b_0 c_0\) bildet die einzige Verknüpfung jener Grössen. Auf diese Weise ist der algebraische Charakter des vorliegenden Variationsproblems documentirt. Die sieben von Dirichlet aufgestellten allgemeinen Integrale des Systems von Differentialgleichungen, nämlich der Satz von der Erhaltung der lebendigen Kraft, die drei Flächensätze, und die drei auf die Erhaltung der Rotation bezüglichen Sätze, gehen aus dem Verschwinden des Ausdrucks (10) hervor, so bald die neun Variationen \(\delta l,\delta m,\dots \delta n''\) durch passende symmetrisch angeordnete Systeme von Werthen ersetzt werden.
Eine beschränkende Voraussetzung, welche sowohl Dirichlet als Riemann hervorheben, besteht darin, dass eine Hauptaxe des Ellipsoids ihrer Lage nach ungeändert bleibt, und dass nur um diese Axe Rotation stattfindet. Damit gehendie Gleichungen (1) indie folgenden über \[ \begin{matrix} \l\quad &\r\\ x=l \frac{x_0}{a_0}+ m\frac{y_0}{b_0},\\ y=l' \frac{x_0}{a_0}+ m'\frac{y_0}{b_0},\\ z= &u''\frac{z_0}{c_0}. \end{matrix} \tag{12} \] Die von Riemann herrührende Zerlegung des Systems (1) in zwei Systeme nimmt in diesem Falle durch die Einführung von zwei Drehungswinkeln \(\varphi\) und \(\psi\) die Gestalt an: \[ \left\{ \begin{matrix} \l &\l\quad &\l\\ \xi= \cos\varphi x &+\sin \varphi y,\\ \eta=-\sin \varphi x &+\cos \varphi y,\\ \zeta= &&z,\\ \frac\xi a=\cos\psi \frac{x_0}{a_0} &+\sin\psi \frac{y_0}{b_0},\\ \frac\eta b=-\sin\psi \frac{x_0}{a_0} &+\cos\psi \frac{y_0}{b_0},\\ \frac\zeta c= &&\frac{z_0}{c_0}. \end{matrix} \right.\tag{13} \] Mit Hülfe der Verbindungen \[ \begin{cases} K=\frac12 (l^2+m^2+ l^{\prime 2}+ m^{\prime 2})= \frac12 (a^2+b^2),\\ N= lm'- l'm=ab, \end{cases} \tag{14} \] und der beiden Winkel \(\varphi\) und \(\psi\) werden alsdann die Grössen \(l, m, l', m'\) so dargestellt \[ \begin{cases} l-m'= \sqrt {2K-2N} \cos(\varphi+ \psi),\\ l'+m= \sqrt {2K-2N} \sin(\varphi+ \psi),\\ l+m'= \sqrt {2K+2N} \cos(\varphi-\psi),\\ l'-m= \sqrt {2K+2N} \sin(\varphi-\psi). \end{cases}\tag{15} \] Wenn man sechs von den sieben allgemeinen Integralen des zu integrirenden Systems, nämlich die drei auf die Erhaltung der Rotation bezüglichen Sätze und die drei Flächensätze anwendet, so reduciren sich die ersteren auf die beiden Integrale: \[ \begin{cases} l\frac{dm}{dt}- m\frac{dl}{dt}+ l'\frac{dm'}{dt}- m'\frac{dl'}{dt}= {\mathfrak A},\\ l\frac{dl'}{dt}- l'\frac{dl}{dt}+ m\frac{dm'}{dt}- m'\frac{dm}{dt}= {\mathfrak E}, \end{cases}\tag{16} \] und vermöge derselben entstehen für die beiden Drehungswinkel \(\varphi\) und \(\psi\) die Ausdrücke: \[ \begin{cases} \varphi+\psi= \int_0^t \frac{({\mathfrak E}+{\mathfrak A})}{2K-2N} dt,\\ \varphi-\psi= \int_0^t \frac{({\mathfrak E}-{\mathfrak A})}{2K+2N} dt. \end{cases}\tag{17} \] Da sich die Grösse \(n''\) durch die Gleichung \[ \Theta= Nn''= a_0\, b_0\, c_0\tag{18} \] aus der Grösse \(N\) bestimmt, so hat man nur die Abhängigkeit der Grössen \(K\) und \(N\) von der Zeit \(t\) zu ermitteln, wozu die Auffindung von drei Integralen erforderlich ist.
In dem zweiten Theile der vorliegenden Abhandlung wird nun die Annahme erörtert, dass die halbe Hauptaxe \(c\) des flüssigen Ellipsoids einen im Verhältnis zu den beiden andern Hauptaxen sehr grossen Werth habe, oder dass das Ellipsoid in einen unendlichen elliptischen Cylinder übergehen. Bei dieser Annahme nähert sich der in (5) angegebenen Ausdruck der Function \(H\) dem folgenden \[ H= 2\pi ab\log \frac{4c}{a+b}. \tag{19} \] Durch die Anwendung der Gleichungen \[ c=n'', \quad (a+b)^2= 2K+2N, \quad ab=N \] und die Benutzung der Anfangswerthe \(K_0\) und \(N_0\) erhält derselbe die Gestalt \[ H=\pi N\biggl(\log \frac{8n^{\prime\prime 2}}{K_0+N_0} -\log \frac{K+N} {K_0+N_0}\biggr). \tag{20} \] Es zeigt sich jetzt, dass wenn zu der Zeit \(t=t_0\) die Halbaxe \(u''\) einen sehr grossen Werth \(n_0^{\prime\prime}\) und der Differentialquotient \(\frac{dn''}{dt}\) den Werth Null hat, für die ganze Dauer der Bewegung der Druck endlich bleibt und die Halbaxe \(n''\) den Anfangswerth \(n_0^{\prime\prime}\) behält, und darin liegt die Berechtigung der getroffenen Annahme. Diese Annahme kommt der Verfügung über zwei Integrationsconstanten gleich, weshalb nur noch eine Integration zu leisten bleibt. Die Bedingung \[ Nn''= a_0\, b_0\, c_0 \] führt vermöge der Gleichung \[ n''= n_0^{\prime\prime}= c_0 \] zu der Gleichung \[ N=a_0\,b_0. \tag{21} \] Dieselbe drückt aus, dass der gegen die Axe senkrechte Querschnitt des Cylinders einen constanten Inhalt hat.
Das zu lösende Bewegungsproblem kann jetzt durch die Forderung vertreten werden, dass die erste Variation des Integrals \[ \int_0^t \left( {\textstyle \frac12} \Biggl[ \biggl( \frac{dl}{dt} \biggr)^2+ \biggl( \frac{dm}{dt} \biggr)^2+ \biggl( \frac{dl'}{dt} \biggr)^2+ \biggl( \frac{dm'}{dt} \biggr)^2 \Biggr]+ 2\varepsilon H\right) dt,\tag{22} \] unter der Bedingung (21) für feste Anfangs- und Endwerthe der 4 Variabeln \(l,m, l',m'\) verschwinde. Der Werth der Function \(H\) ist in (20) gegeben, wobei die Grösse \(N\) den constanten Werth \(N_0\) und \(n''\) den constanten Werth \(n_0^{\prime\prime}\) erhält; der constante Bestandtheil \(\pi N_0\log \frac{8n_0^{\prime\prime 2}}{K_0+N_0}\) übt keinen wesentlichen Einfluss aus und darf deshalb wegfallen. Dieses Variationsproblem ist dem oben deducirten allgemeinen Variationsproblem ähnlich, und lässt sich als die Bewegungsaufgabe eines Punktes mit den Coordinaten \(l,m, l',m'\) in einer Mannigfaltigkeit von 4 Dimensionen deuten, wo das Quadrat des Linearelements den Ausdruck \[ dl^2+ dm^2+ dl^{\prime 2}+ dm^{\prime 2} \] hat, und zwischen den Coordinaten die Gleichung \(N=a_0 b_0\) besteht. die Function, welche in der Abhandlung: Sätze aus dem Grenzgebiet der Mechanik und der Geometrie, Mathem. Ann. von Clebsch und Neumann, Bd. VI. p. 416, mit \(f_0(n)\) bezeichnet ist, und die bei dem Variationsproblem des Integrals (11) die Function \(G\) war, ist hier die Function \[ K= {\textstyle \frac12} (l^2+m^2+ l^{\prime 2}+m^{\prime 2}). \] Diese Function \(K\) beweist sichals diejenige Variable, durch welche die vollständige Auflösung des gegenwärtigen Problems naturgemäss dargestellt wird. Wenn man die Anfangsconstante \[ \biggl(\frac{dl}{dt} \biggr)_0^2+ \biggl(\frac{dm}{dt} \biggr)^2+ \biggl(\frac{dl'}{dt} \biggr)^2+ \biggl(\frac{dm'}{dt} \biggr)^2= v_0^2,\tag{23} \] und die Function \[ R(K)=- ({\mathfrak E}+{\mathfrak A})^2 (K+N_0)- ({\mathfrak E}-{\mathfrak A})^2(K-N_0)+ \biggl(4v_0^2- 16\varepsilon \pi N_0\log \frac{K+N_0}{K_0+N_0} \biggr)(K^2- N_0^2) \tag{24} \] einführt, so ergiebt das letzte noch fehlende Integral die folgende Abhängigkeit der Zeit \(t\) von der Grösse \(K\) \[ t-t_0= \int_{K_0}^K \frac{\sqrt{2K}} {\sqrt{R(K)}}\,dK. \tag{25} \] Die Drehungswinkel \(\varphi\) und \(\psi\) erhalten aus (17) die Bestimmungen \[ \begin{cases} \varphi+\psi= \int_{K_0}^K \frac{{\mathfrak E}+{\mathfrak A}} {2K-2N_0} \frac{\sqrt{2K}} {\sqrt{R(K)}} \,dK,\\ \varphi-\psi= \int_{K_0}^K \frac{{\mathfrak E}-{\mathfrak A}} {2K+2N_0} \frac{\sqrt{2K}} {\sqrt{R(K)}} \,dK, \end{cases} \tag{26} \] und die Werthe der 4 Variabeln \(l,m, l',m'\) sind in (15) ausgedrückt, sobald die Grösse \(N\) ihren constanten Werth \(N_0\) bekommt. Für die Grösse \(\sigma\) findet sich der Ausdruck \[ \sigma= \varepsilon\pi \frac{N_0^2}{K}+ {\mathfrak {EA}} \frac{N_0}{4K^2}+ \frac{N_0^2}{4K^2} \biggl( v_0^2- 4\varepsilon\pi N_0\log \frac{K+N_0} {K_0+N_0} \biggr).\tag{27} \] Die Discussion zeigt, dassdie Gestalt der Durchschnittsellipse des flüssigen Cylinders bei constantem Inhalt rein periodisch zwischen zwei Zuständen schwankt, in denen die Variable \(K\), oder die halbe Summe der Quadrate der halben Hauptaxen \(a\) und \(b\), abwechselnd ein Minimum und ein Maximum ist. Aus der Gleichung (25) ist durch Umkehrung die Abhängigkeit der Variabeln \(K\) von der Zeit \(t\) abzuleiten. Diese Gleichung hat demnach für dieses Problem dieselbe Bedeutung, welche der Kepler’schen Gleichung für das Planetenproblem zukommt.

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Full Text: Crelle EuDML