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A set of assumptions for projective geometry. (English) JFM 39.0606.01

Der Aufsatz enthält ein vollständig unabhängiges System von Axiomen für die projektive Geometrie; “vollständig unabhängig” in dem Sinne, daß jedes einzelne Axiom von der Gesamtheit aller übrigen unabhängig ist. Als Grundbegriffe treten auf Punkt und Gerade; die Gerade ist dabei als eine Punktmenge aufgefaßt. Die Axiome, durch welche diese Begriffe ihren Inhalt gewinnen, machen es weiterhin möglich, die Begriffe “Ebene” und “dreidimensionaler Raum” zu definieren. Das Axiomensystem der allgemeinsten projektiven Geometrie ist nicht sehr umfangreich. Es beschränkt sich auf die Aussagen, daß zu zwei verschiedenen Punkten eine und nur eine Gerade gehört, die beide enthält; daß, falls die Punkte \(A, B, C\) keiner Geraden angehören eine Gerade, die einen Punkt \(D\) von \(BC\) und einen von \(D\) verschiedenen Punkt \(E\) von \(AC\) enthält, auch einen Punkt von \(AB\) enthalten muß; daß wenigstens eine Gerade existiert, daß jede Gerade wenigstens 3 Punkte enthält, daß nicht jeder Punkt jeder Geraden oder jeder Ebene, wohl aber, wenn \(S\) ein dreidimensionaler Raum ist, diesem angehört. In einer solchen Geometrie gilt der Desarguessche Satz; man kann in gewöhnlicher Weise die Begriffe der harmonischen Punkte, der perspektiven und projektiven Beziehung von Punktreihen definieren. Dabei gilt als projektive Beziehung eine solche, die durch eine Kette von perspektiven Beziehungen vermittelt ist. Nicht aber gilt notwendig der fundamentale Satz, daß zwei projektive Punktreihen auf zwei Geraden, in deren Schnittpunkt sich zwei entsprechende Elemente vereinigt haben, perspektiv sein müssen. Falls dieser Satz gilt, heißt die Geometrie eine eigentlich-, sonst eine uneigentlich-projektive. Die Punkte einer projektiven Geometrie lassen sich durch homogene Koordinaten in einem Zahlsystem darstellen. Hierunter ist ein Elementensystem mit zwei Kompositionsgesetzen: Addition und Multiplikation verstanden, für welche die gewöhnlichen Rechnungsregeln (auch die eindeutige Umkehrbarkeit) gelten mit Ausnahme des kommutativen Gesetzes der Multiplikation, welches nicht notwendig bestehen muß; es besteht dann und nur dann, wenn die Geometrie eine eigentlich-projektive ist.
Greift man aus den Punkten, Geraden, Ebenen einer projektiven Geometrie ein Teilsystem von solcher Art heraus, daß man als Verbindung und Schnitt von Elementen des Systems stets wieder Elemente des Systems erhält, so stellt ein solches Teilsystem, welches auch “Netz” genannt wird, wieder eine projektive Geometrie dar. Ein System von Punkten und Geraden einer Ebene, die sich durch Verbinden und Schneiden reproduzieren, stellt ein ebenes Netz dar. Endlich gibt es auch lineare Netze; darunter ist ein System von Punkten einer Geraden zu verstehen von solcher Beschaffenheit, daß der vierte harmonische Punkt zu drei Punkten des Systems stets wieder dem System angehört. Unter den Netzen sind die “rationalen” von besonderer Wichtigkeit: so nennen die Verf. die kleinsten Netze, d. h. diejenigen, die kein Netz gleicher Dimension als Teil enthalten. Die rationalen Netze stellen eigentlich-projektive Geometrien dar. Alle in einer Geometrie enthaltenen rationalen Netze sind von gleichem Typus, das zugehörige Zahlsystem ist entweder zum Körper der rationalen Zahlen oder zum Restklassensystem einer Primzahl isomorph. Durch eine besondere Annahme wird für den Zweck der weiteren Untersuchung der letztere Fall, der Fall der “modularen” Netze, ausgeschaltet. Indem nunmehr die Punkte eines rationalen linearen Netzes in bestimmter Weise durch die rationalen Zahlen unter Einschlußvon \(\infty\) bezeichnet werden, sobald 3 Netzpunkte mit beliebigen rationalen Zahlen belegt sind, zeigt es sich, daß sie eine zyklische Folge aufweisen, die eindeutig definiert ist. Von hier aus läßt sich der Dedekindsche Schnittbegriff in seiner projektiven Form einführen: Ein Schnitt bezeichnet eine Einteilung eine linearen rationalen nicht-modularen Netzes in zwei Klassen \(K_1, K_2\) derart, daß jeder Punkt des Netzes zu einer der Klassen gehört, und daß kein Punktepaar aus \(K_1\) durch ein Punktepaar aus \(K_2\) getrennt wird. Zwei Punkte eines rationalen Netzes geben Anlaßxu einer solchen Einteilung, deren Grenzpunkte sie sind. Der Schnitt heißt dann ein geschlossener. Es kann aber auch bei einem Schnitt der eine Grenzpunkt, oder es können beide fehlen. Ein solcher Schnitt heißt einfach-, bzw. doppelt-offen. – Betrachtet man ein rationales Netz \(R\), einen Punkt \(Q\) von \(R\) und alle einfach-offenen Schnitte in \(R,\) für welche \(Q\) ein Grenzpunkt ist, so kann es möglich sein, jedem solchen Schnitt einen Punkt \(X\) der Geraden \(l\) auf welcher \(R\) liegt, so zuzuordnen, daß verschiedenen Schnitten verschiedene Punkte \(X\) entsprechen, und daß jede Projektivität zwischen zwei der betrachteten Schnitte auch die zugehörigen Punkte \(X\) einander zuweist. Es läßt sich dann zeigen, daß rationale Netz \(R\) zusammen mit den Punkten \(X\) ein Netz darstellt, dessen zugehöriges Zahlsystem mit dem System der reellen Zahlen isomorph ist. Ein solches Netz sei deshalb hier als ein Realnetz bezeichnet. Durch eine Projektivität wird ein Realnetz wieder in ein Realnetz übergeführt. Dagegen brauchen nicht notwendig zwei Realnetze projektiv aufeinander beziehbar zu sein. Man kann daher die Realnetze in Klassen einteilten, indem man alle unter einander projektiven zu einer Klasse vereinigt. Das Kontinuitätsaxiom, welches die Verf. einführen, kommt darauf hinaus, daß angenommen wird, es existierten Realnetze, und daß unter den verschiedenen Klassen der Realnetze eine als ausgezeichnet gilt. Die Netze dieser Klasse genannt. Hiernach gilt der Satz, daß durch drei Punkte einer Geraden eine Kette eindeutig bestimmt ist, ferner daß zwei Ketten stets, und zwar auf eine Weise, projektiv so auf einander bezogen werden können, daß drei Punkte der drei vorgeschriebenen Punkten der andern entsprechen. Infolge ihrer Beziehung zum System der reellen Zahlen (inkl. \(\infty\), wenn man von der homogenen zur nichthomogenen Darstellung übergeht) erscheinen auch die Punkte einer Kette in zyklischer Folge geordnet.
Mit Hülfe des Kettenbegriffes gelangt man nun leicht dazu, sowohl den gewöhnlichen reellen, wie den komplexen projektiven Raum vollständig zu charakterisieren. Den ersteren erhält man durch die Annahme, daß die Punktmenge einer Geraden mit einer Kette vollständig erschöpft ist. Um zu komplexen Raum zu gelangen, werden zwei Annahmen gemacht. Die erste, daß auf einer Geraden \(l\) drei Punktepaare liegen, die einander harmonisch trennen, verbürgt, daß die vorliegende Geometrie ein mit dem komplexen Raum isomorphes Netz enthält. Die zweite: “Zu einer Kette \(\mathfrak C,\) die auf einer Geraden \(1\) liegt, und zwei Punkten auf \(l\), von denen der eine \(J\) zu \(\mathfrak C\) gehört, der andere \(P\) nicht zu \(\mathfrak C\) gehört, gibt es nicht mehr als eine Kette, welche \(P\) und \(J\) enthält und mit \(\mathfrak C\) keinen Punkt außer \(J\) gemein hat”, bewirkt, daß die vorliegende Geometrie mit einem komplexen Raum erschöpft ist.
Die letzten Untersuchungen beziehen sich auf Geometrien, in denen die quadratischen Konstruktionen wie im reellen Raume möglich sind, und auf den Nachweis der vollständigen Unabhängigkeit des Axiomensystems.

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